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Macron ist der neue Präsident Frankreichs: was soll man von ihm erwarten?

Schauen wir auf das Jahr 2012 zurück – so wurde in den Medien der Sieg von François Hollande gefeiert: ein Mann, der Änderungen vornehmen wird1)François Hollande:“Change everywhere and now!”, Le Point 2012-03-01.die Zukunft Frankreichs,2)Hollande vows to change destiny of France, France24 2012-01-23.ein Neuanfang3)French President François Hollande promises a new start for Europe, The Guardian 2012-05-06.für Europa und die Rückkehr zum wirtschaftlichen Wachstum.4)After meeting with Merkel, Hollande pusher for growth, CNN 2012-05-16.

Die Realität und die Versprechungen klafften aber auseinander: stagnierende Wirtschaft und Löhne, steigende Arbeitslosigkeit und Verschuldung, sowohl private als auch öffentliche. Obwohl Emmanuel Macron als Wirtschaftsminister Hollandes Mitprotagonist des wirtschaftlichen Niedergangs Frankreichs war, entschieden sich 65% der französischen Wähler, ihm noch eine Chance zu geben und vertrauten ihm eine noch größere Macht an, als die, die er bisher genoss, und wälzten die ganze Schuld auf den rücktretenden Präsidenten ab, der in Umfragen eine abgrundtiefe Popularität von 4 % verzeichnete.5)Mon Dieu, Hollande’s approval rating is at 4%. Foreign Policy 2016-11-02.

So wie Präsident Hollande versprach, die Europäische Union mit „Eurobonds” zu reformieren,6)Hollande pusher case for eurobonds, The Guardian 2012-05-22.so ist das Ziel Macrons „die Fiskalunion”.7)French economy minister calls for fiscal union in eurozone, The Telegraph 2015-08-31.Da Hollande dazu seitens der Kanzlerin Merkel und der Bundesbank ein entschiedenes „Nein” hörte, sehen wir keinen Grund, warum Macron erfolgreicher sein könnte: Frankreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone und könnte somit viel härter mit den Deutschen verhandeln, wenn französische Politiker bereit wären zu drohen, vom Verhandlungstisch wegzugehen. Präsident Hollande war nicht fähig dazu, deswegen konnte er nichts erreichen. Ähnlich wird es mit Macron sein – er wird seine Reformideen nur dann durchsetzen können, wenn er bereit sein wird anzukündigen: falls meine Änderungsvorschläge nicht akzeptiert werden, machen wir am gemeinsamen europäischen Projekt nicht mehr weiter mit. Seine Philosophie ist leider “Europa an der ersten Stelle”, was solche Hoffnungen nicht hegen lässt: ganz im Gegenteil – zu erwarten ist solch eine Niederlage wie die seines Vorgängers.

Die Fiskalunion ist der einzige bemerkenswerte Punkt im sonst vagen politischen und wirtschaftlichen Programm Macrons. Obwohl es zur Amtszeit von Hollande zu zahlreichen Terrorakten der Islamisten kam, schwieg er sie während seiner Wahlkampagne tot, tritt dafür aber ins Fettnäpfchen, als er sagte: „so was wie die französische Kultur existiert nicht’’.8)Emmanuel Macron assume : “Il n’y a pas UNE culture française !”, Profession Spectacle 2017-02-25.

 

Er selbst trug doch dazu bei, dass sich der öffentliche Schuldenstand erhöht, dass die Wirtschaft nicht mehr wächst, dass die Zahl der Arbeitsplätze sinkt und dass sein Land zum Ziel der Attentäter wurde. Es wundert, dass er sich das Wort „Änderung” zu seinem Wahlkampfspruch auswählte, wenn er während seiner Amtszeit keine Änderungen einführen konnte; trotzdem fand er breite Unterstützung unter den Wählern. Frankreich wird voraussichtlich auch in Zukunft unter der wirtschaftlichen Vorherrschaft Deutschlands bleiben.

Nach den Wahlen im Juni kann es sich auch herausstellen, dass der neue Präsident kaum Unterstützung für seine Maßnahmen vom Parlament bekommen und mit einer Koalitionsregierung der Republikaner und Sozialisten zusammenarbeiten werden muss. Ähnliche Koalitionen, seien es Mitte-Rechts, Mitte-Links, erwiesen sich in Griechenland, Spanien und Italien weitgehend erfolglos, wenn es um Durchführung der Reformen ging, was die Abkehr von Mainstream-Parteien und die Popularität der „populistischen” mit sich brachte.

Die Verlorenen – also Marine Le Pen und wie die linken Parteien zum Opfer der Globalisierung wurden.

2012 erhielt Marine Le Pen fast 18 % der Stimmen in der ersten Runde, während im Jahr 2017, sie nur einen kleinen Anstieg ihrer Popularität auf 21 % verzeichnete. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass der andere Kandidat der Rechtsextremen Dupont-Aignan von 1 % auf fast 5 % innerhalb des gleichen Zeitraums kletterte. 2002 erhielt Jean-Marie Le Pen 17%, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Runde, und Marine bekam 2017 35% der Stimmen, so war ihre Niederlage nicht so schwer wie die ihres Vaters. Tröstend für sie kann die Tatsache sein, dass sie unter Jugendlichen große Unterstützung fand: in der zweiten Runde gaben für sie ihre Stimmen 44% der jungen Menschen ab,9)La Sociologie du vote, Opinion Way 2017-05-07.während sich ihr nur 20% der Menschen über 65 zuwandten; die Zeit steht bis zu den Wahlen 2022 an ihrer Seite.

Als größere Verlierer gingen aus den französischen Wahlen die Mainstream-Parteien hervor: die Republikaner von Fillon erlitten eine Schlappe wegen seines Korruptionsskandals, und die Sozialisten von Hollande, begannen 2012 mit 28% in der ersten und 51% in der zweiten Runde und stürzten 2017 mit ihrem Kandidaten auf 6%. Die Sozialisten, von Macron verlassen, der die Partei ihrem Schicksal überließ und seine eigene gründete, wurden von den Linksradikalen von Melanchon (19%) verdrängt. Es gibt eigentlich nur eine Ursache der Krise in den Parteien: die Globalisierung.

In der ganzen westlichen Welt ist der Zerfall der Mitte-Linken zu beobachten: in Großbritannien verlor die moderne linke Partei von Miliband die Wahlen, und anschließend die Kontrolle über die Parteiführung, die der alte Linksradikale Cobryn übernahm; Bernie Sanders schaffte es in den USA mit seinem Anti-TPP/TTIP-Programm viele Anhänger zu gewinnen, die anschließend zwischen Trump und Hillary wählen mussten. Im laufenden Jahr sank die Popularität der niederländischen PVDA (Der Niederländischen Arbeitspartei), ähnlich wie die der französischen Sozialisten, von 24% auf 6%.

Melenchon, Sanders und Cobryn sind typische Führer der linken Szene, also der Arbeiterklasse. Die hat doch genug davon, dass sie sich vor den Wahlen vom Liberalismus distanzieren und nach den Wahlen, wenn sie schon in Ministerien sitzen, ganz vergessen, was sie erzählten. Die linke Szene gewann letztens eine neue Gruppe von Wählern, die weißen Mitglieder höherer Schichten, die für Reisen schwärmen und Steuerparadiese und Migranten als billige Arbeitskraft nutzen; es sind Menschen, die meistens vom Terrorismus und von der Kriminalität nicht betroffen werden, was sonst Problem in den Ghettos ist. Die zwei Flügel der Linken sind ganz anderer Ansicht, wenn es um die mit der Globalisierung zusammenhängende Thematik, wie Handel, der freie Waren- und Menschenverkehr, geht. Die beiden Flügel wurden aber zu Steigbügelhaltern der Neoliberalen in ihrem Kampf gegen die „Rechtsextremen” herabgesetzt.

References   [ + ]

1. François Hollande:“Change everywhere and now!”, Le Point 2012-03-01.
2. Hollande vows to change destiny of France, France24 2012-01-23.
3. French President François Hollande promises a new start for Europe, The Guardian 2012-05-06.
4. After meeting with Merkel, Hollande pusher for growth, CNN 2012-05-16.
5. Mon Dieu, Hollande’s approval rating is at 4%. Foreign Policy 2016-11-02.
6. Hollande pusher case for eurobonds, The Guardian 2012-05-22.
7. French economy minister calls for fiscal union in eurozone, The Telegraph 2015-08-31.
8. Emmanuel Macron assume : “Il n’y a pas UNE culture française !”, Profession Spectacle 2017-02-25.
9. La Sociologie du vote, Opinion Way 2017-05-07.

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