Der europäische Blickwinkel. Auf dem Weg in die Welt von Morgen.




Eine unüberbrückbare Kluft

“Zwischen uns und euch ist eine große Kluft befestigt,“, eine Kluft zwischen dem kollektiven Westen und Russland, die für beide Seiten unüberbrückbar ist. Die Worte vom Präsidenten Wladimir Putin auf der Plenarsitzung des Weltkonzils des Russischen Volkes (28. November 2023) veranschaulichen diese Kluft sehr gut. In seiner Rede sagte Präsident Putin unter anderem Folgendes:

Russland kämpft in der Ukraine “nicht nur für die Freiheit Russlands, sondern für die Freiheit der ganzen Welt”, gegen die Diktatur eines Hegemons. In diesem Kampf blockiert Russland “den Weg derer, die nach Weltherrschaft und Exzeptionalismus streben”. Der größte Teil der Welt versteht das.

Die Russen bilden eine “große russische Nation, eine Triade aus Russen, Weißrussen und Ukrainern”.

Russland stehe “vor der gewaltigen Aufgabe, riesige Gebiete vom Pazifik bis zur Ostsee und dem Schwarzen Meer zu erschließen”. Zu diesem Zweck müsse Russland seine Bevölkerung erhalten und vermehren, was ein “Ziel für die kommenden Jahrzehnte und sogar Generationen sei. Dies sei die Zukunft der russischen Welt, des tausendjährigen, ewigen Russlands.” Diese Aufgabe könne nur durch große Familien erfüllt werden, die “zur Norm, zu einer Lebensweise für alle Völker Russlands werden”, denn die “Familie ist nicht nur das Fundament des Staates und der Gesellschaft, sie ist ein geistiges Phänomen, eine Quelle der Moral”. Auf diese gewaltige demografische Herausforderung könne man “nicht allein mit Geld, Sozialleistungen, Zuschüssen, Privilegien oder speziellen Programmen” reagieren, denn “die Bezugspunkte des Menschen im Leben sind wichtiger. Liebe, Vertrauen und ein solides moralisches Fundament sind das, worauf die Familie und die Geburt eines Kindes aufgebaut sind.” Das ist auch der Grund, warum

die Kirche nicht von der Gesellschaft oder von den Menschen getrennt werden kann.” Betont werden müsse die “Bedeutung der Beteiligung von Vertretern aller traditionellen russischen Religionen an der Bildung und Erziehung unserer Jugend und […] an der Festigung der geistigen, moralischen und familiären Werte”.

Russland sei eine Kontinuität und ein Ganzes aus “Altrussland, dem Zarentum Russland, Kaiserreich Russland, der Sowjetunion und dem modernen Russland.” 

Eine große Kluft, in der Tat. Anstatt zur Einwanderung einzuladen und sie zu fördern, ruft der russische Staatschef sein Volk auf: Seid fruchtbar und vermehrt euch; bevölkert die Erde und vermehrt euch auf ihr!  Anstatt Patchwork-, Einelternfamilien oder gleichgeschlechtliche Ehen zu fördern, ermutigt der russische Staatschef die Wiederbelebung der traditionellen Großfamilie; anstatt den Säkularismus zu fördern, betont der russische Präsident die Bedeutung der Religion; anstatt die Abschaffung der Kultur zu fördern, schätzt Wladimir Putin die historische Kontinuität.

Bemerkenswert sind Wladimir Putins Worte, mit denen er Russland als Freiheitskämpfer für die ganze Welt oder zumindest für die Mehrheit der Länder, die nicht zur G7 gehören, ankündigt und preist. Diese Worte erinnern an die Rolle, die sowohl die Sowjetunion als auch das kaiserliche Russland bei der Befreiung Europas von Hitlers bzw. Napoleons Joch gespielt haben. Bemerkenswert ist auch die Beschreibung von Russen, Ukrainern und Weißrussen als eine dreieinige große Nation – Worte, die auf den westlichen Stier wie ein rotes Tuch wirken.

In der Tat ist Russland all das, was der kollektive Westen nicht ist, und der kollektive Westen ist all das, was Russland nicht ist. Es klafft eine tiefe Kluft, eine unüberbrückbare Kluft, die es keinem der beiden Gegner erlaubt, die andere Seite auch nur zu verstehen. Eine zivilisatorische Kluft.

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