Donald Trump erhöht Schritt für Schritt seine militärische Präsenz in Mitteleuropa. Aktuell wird über die Errichtung eines permanenten US-Stützpunktes in Polen, also einer weiteren Verschiebung der amerikanischen Streitkräfte an die Grenze mit Russland, diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob Donald Trump dadurch die Verteidigungsfähigkeit des alten Kontinents verbessern, oder im Spiel zwischen den gegensätzlichen Interessen der EU-Länder gewinnen will. Durch ein gespaltenes und schwächeres Europa wird ja die USA stärker.
Obwohl die Idee der dauerhaften Stützpunkte der USA in Mitteleuropa nicht neu ist, machte sie Schlagzeilen, nachdem sich der polnische Präsident Andrzej Duda mit Donald Trump im Weißen Haus getroffen und die Errichtung des Forts Trump an der Weichsel vorgeschlagen hatte. Washington hatte da am Anfang Zweifel, doch angesichts möglichen künftigen Vorteile dieser Lösung, kam es dem polnischen Vorschlag nach.1)Poland may not be ready for ‘Fort Trump’: US Army head, France24 2018-09-19.Einige Tage später informierte der US-Verteidigungsminister Jim Mattis, dass schon Bauvorbereitungsmaßnahmen an möglichen Standorten getroffen wurden.2)Pentagon examining land in Poland after offer of ‘Fort Trump’ base, The Washington Examiner 2018-09-24.
Abgesehen von der Frage der angeblichen Verbesserung der östlichen Flanke der Nato, steckt es noch mehr hinter dem Ja zu einer nicht rotierenden Präsenz der Amerikaner in Polen. Warschau sieht in Amerika einen Verbündeten in seinem Konflikt mit der EU. Die Beziehungen Brüssel-Washigton wurden letztens auch schlechter. Deswegen üben die USA, indem sie die Verschiebung ihrer Armee nach Osten bewilligen, einen Druck auf Deutschland aus, damit Berlin mindestens seine Ausgaben für die Verteidigung erhöht, wenn es das amerikanische LNG nicht importieren und gegen Nordstream II keinen Einspruch erheben will. Der Stützpunkt in Polen soll also den USA ermöglichen, die Regierung in Berlin zu beeinflussen.
Ausrüstung statt Stützpunkt
Der Bau eines Forts bedeutet nicht nur Errichtung der militärischen Infrastruktur, sondern auch den Bau einer ganzen Kleinstadt, wo es Kindergärten, Schulen, Kliniken, Kinos und Geschäfte gäbe. Präsident Duda kündigte an, dass die Kosten davon auf 2 Mrd. Dollar geschätzt werden und von Polen getragen werden sollten (dazu ist noch die Beteiligung an Unterhaltungskosten anzurechnen; zum Vergleich die Unterhaltungskosten der amerikanischen Soldaten in Europa belaufen sich jährlich auf etwa 2,5 Mrd. Dollar3)Do European allies pay U.S. $2.5 billion yearly to keep troops there?, PolitiFact 2018-07-12.. Es ist also viel. Aus der polnischen Sicht sollte man die Gelder lieber für die Ausrüstung und Schulung polnischer Soldaten ausgeben. Man könnte dafür z.B. 230 Panzer Abrams M1A2 oder 20 Kampfjets F-35 oder 33 F-16 kaufen, eventuell 3 U-Boote bauen lassen.
Im Interesse Amerikas nicht Polens
Bis zum Ende des Kalten Krieges (bis 1993) stationierten in Polen sowjetische (später russische) Soldaten, die ein Gegengewicht zur amerikanischen Präsenz in der BRD darstellen und Interessen Moskaus sichern sollten. Die Bau- und teilweise auch Unterhaltungskosten der Militärobjekte wurden von der polnischen Seite getragen. Mitgliedschaft im Warschauer Pakt sollte ewig dauern, doch der Wind der Geschichte fegte Polen innerhalb einiger Jahre in die NATO.
Amerikanische Streitkräfte dauerhaft nach Polen zu holen, erhöht gar nicht seine Sicherheit, die bleibt auch bei der rotierenden Anwesenheit der US-Soldaten erhalten.4)Poland welcomes thousands of US troops in NATO show of force, CNN 2017-01-14.Die Idee des Forts Trump, die von Washington aufgegriffen wurde, ist viel günstiger für die USA als für Polen, da die Lokalisierung des Stützpunktes östlicher als bisher Washington eine bessere Möglichkeit gibt, Polens Nachbarländer zu beeinflussen.
Übrigens: wenn Washington solche Investition in Polen in Betracht zieht, sinkt die Rolle der Stützpunkte in Deutschland (darüber weiter im Artikel). Logischerweise kann bald die Idee auftauchen, die dauerhaften Stützpunkte auch in den baltischen Ländern zu errichten, dann wäre Fort Trump nicht mehr von so strategischen Bedeutung wie heute. Das beweist, dass das Investieren in den Bau eines Stützpunktes nur den amerikanischen Interessen dient.
Fort Trump zwischen Russland und Deutschland: Polarisierung der Interessen in Europa
Die USA haben in Deutschland fast 35 000 Soldaten, was fast die Hälfte der amerikanischen Streitkräfte auf dem alten Kontinent ausmacht. Die US Army erschien in der BRD zusammen mit dem Kalten Krieg und war ein Bestandteil der Abschreckungspolitik gegen die Sowjetunion. Bis Anfang der 90-er Jahre stationierten in Westdeutschland 200 000 amerikanische Soldaten. 2014 waren es nur 42 000 an 38 Standorten. Das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Europa befindet sich in Stuttgart, und im Rheinland der größte Luftstützpunkt auf dem Kontinent. Die Deutschen gewöhnten sich an die militärische Präsenz der USA, infolgedessen wird wenig Wert auf Investitionen in Armee und Erhöhung des Verteidigungsbudgets gelegt. Das Budget sollte gemäß den NATO-Vereinbarungen 2% des BIPs betragen. Heutige Verteidigungsausgaben entsprechen nicht dem Wunsch Washingtons. Trump betonte mehrmals, dass die USA Deutschland Schutz gewährleisten, während Berlin hinsichtlich Ausgaben für Verteidigung geizig bleibt,5)Trump demands Germany pay for US protection, Stars and Stripes, 2017-03-18.wodurch auch in Deutschland Diskussionen über die Finanzierung der amerikanischen Infrastruktur ausgelöst wurden.6)Germans irked by demands for financial support for US bases, Stars and Stripes, 2017-02-02.Amerikaner wollten Berlin auch dadurch beeinflussen, dass sie mit dem Rückzug (eines Teils) ihrer Soldaten drohten.7)U.S. assessing cost of keeping troops in Germany as Trump battles with Europe, The Washington Post 2018-06-29.Die Errichtung des Forts Trump würde also sicherlich die Verlegung eines Teils der US Army nach Polen mit sich bringen. Dies würde auch die Bedeutung von Deutschland schwächen als eines am weitesten östlich gelegenen Landes mit dauerhaft präsenten amerikanischen Streitkräften.
Das würde auch die deutschen Entscheidungsträger zu intensiveren Ausgaben für Verteidigung anspornen. Vielleicht wären sie auch höher als die, zu denen im Moment Trump aufruft, um die militärische Leere nach dem allmählichen Rückzug der amerikanischen Soldaten zu füllen. Es ist zu erwarten, dass Berlin versuchen wird, die Idee des Stützpunktes in Polen zu blockieren, damit die Amis weiterhin westlich von der Oder bleiben. Ein weiteres Ziel der Strategie Washingtons kann Nord Stream II sein – Amerikaner wollen, dass Berlin das Projekt aufgibt und stattdessen seinen Flüssiggasimport aus den USA erhöht.
Hinsichtlich der Geopolitik verläuft die Grenze, die die Interessen Westens und Russlands voneinander trennt, nicht mehr entlang der Oder und Neiße, sondern sie verlegte sich weiter nach Osten. Die Bedeutung der amerikanischen Stützpunkte in Deutschland ist nicht mehr so groß wie vor 1999, als das Land das östlichste Bollwerk der NATO war. Deswegen werden die Amerikaner nicht mehr die Ausgaben für ihre Armee in Deutschland erhöhen, sondern einen Teil ihrer Ausrüstung und Soldaten zu neuen Standorten östlich von der Oder verschieben.
Russland wird das Ganze sicherlich nicht gefallen. Wir erwarten, dass Moskau darauf mit der Erhöhung der Zahl seiner Truppen in der Region von Kaliningrad und in Weißrussland reagieren wird. Infolgedessen werden die Länder Mittel- und Osteuropas eine noch stärkere Ostflanke der NATO fordern. Die Rüstungsspirale wird in Gang gesetzt und gegenseitiges Vertrauen wird immer mehr im Schwund begriffen sein.
Das Ziel der USA ist: alle EU-Länder sollen es einig sein, dass Russland ihr Feind ist. Die Übernahme der amerikanischen Rhetorik von Paris, Berlin, Warschau und von anderen Hauptstädten verschlechtert nur die Beziehungen zwischen Kreml und dem Westen. Die amerikanischen Energie- und Militärtechnikexporte sowie Exporte anderer damit zusammenhängenden Waren und Produkten nach Europa werden durch solche Politik aber erhöht. In der Tat konzentriert sich Brüssel auf imaginäre Probleme, statt seine Aufmerksamkeit auf die Folgen der Massenmigration und der demographischen Problemen zu lenken.
Die USA versuchen eine Partnerschaft gegen „aggressives Verhalten” Russlands aufzubauen,8)Polen will möglichen neuen US-Stützpunkt nach Trump benennen, Die Welt 2018-09-19.in Wirklichkeit wollen sie aber ihre Präsenz in Mitteleuropa verstärken. Länder wie Polen sind für Trump ein Druckmittel in seinen Verhandlungen mit Deutschland und Russland. Mit seinen Maßnahmen differenziert Washington Interessen der erwähnten Länder und realisiert eigene Ziele auf ihre Kosten. Die allgegenwärtigen Drohungen mit Sanktionen und die Verschiebung der Amerikaner Richtung Osten vertiefen die Unterschiede zwischen Russland und Westen, zwischen USA und der EU und können mit einem neuen Kalten Krieg enden.
References
1. | ↑ | Poland may not be ready for ‘Fort Trump’: US Army head, France24 2018-09-19. |
2. | ↑ | Pentagon examining land in Poland after offer of ‘Fort Trump’ base, The Washington Examiner 2018-09-24. |
3. | ↑ | Do European allies pay U.S. $2.5 billion yearly to keep troops there?, PolitiFact 2018-07-12. |
4. | ↑ | Poland welcomes thousands of US troops in NATO show of force, CNN 2017-01-14. |
5. | ↑ | Trump demands Germany pay for US protection, Stars and Stripes, 2017-03-18. |
6. | ↑ | Germans irked by demands for financial support for US bases, Stars and Stripes, 2017-02-02. |
7. | ↑ | U.S. assessing cost of keeping troops in Germany as Trump battles with Europe, The Washington Post 2018-06-29. |
8. | ↑ | Polen will möglichen neuen US-Stützpunkt nach Trump benennen, Die Welt 2018-09-19. |