Die EU-Eliten huldigen dem Laisse-faire des Liberalismus. Seit 30 Jahren deregulieren sie den Markt und „befreien“ ihn. Die westlichen Regierungen folgen auch der Philosophie und greifen kaum auf dem Markt ein. Es gibt nur eine einzige Behörde, die in der EU wirksam intervenieren darf – die EZB. Die seit den 80-er andauernde Globalisierung sowie die Befreiung des Handels und Menschenverkehrs ermöglichte einen gewaltsamen Anstieg des Welt-BIPs und die Bereicherung der Konzerne. Für die Schwellenländer wie Indien oder China war das eine Chance aus der Armut zu kommen. Den Liberalen, die auf ihrer Fahne ein globales Dorf und Glück der Menschheit hatten, ging es jedoch im Grunde um die Erschließung der großen asiatischen Märkte für ihre Produkte. Die Werkzeuge dieser Eliten die Welthandelsorganisation und der IWF sorgten dafür, dass die Mittelschicht in Schwellenländer wächst und somit die Absatzmärkte für die europäischen Konzerne. Ihre Chefs würden wohl sagen: schade, dass Indien und China der EU nicht beitreten dürfen.
Wahnsinn! Sowieso monetarisierte der Westen auf diese Weise die billige Arbeitskraft Asiens. Gleichzeitig wuchs die Mittelschicht in China, Indien, Südkorea und bei anderen Tigern, allerdings auf Kosten der europäischen Arbeitskräfte und Mittelschicht, die von den Profiten der Liberalen so gut wie abgeschnitten waren. Zwar schießen die Gewinne der Konzerne und damit auch BIPs in die Höhe, aber die Reallöhne stiegen nicht, und das Vermögen konzentrierte sich bei Eliten und ihren Lobbyisten. Dieser Prozess wurde durch die Reformen der 2000er beschleunigt – in Deutschland sollten damals die Reformen der linksliberalen Koalitionen den Menschen durch untypische Beschäftigungsformen (Mini-Jobs, Leiharbeit, befristete Verträge, usw.) mehr Jobs schaffen, was dazu führte, dass es auch heute immer mehr Menschen mit geringen Einkommen in abnormalen Arbeitsverhältnissen gibt. „Die Mittelschicht hat sich von 48 Prozent in der Periode 1995-99 auf 41 Prozent 2014-15 verkleinert.1)Die Mitte bröckelt, Zeit online 2017-08-04.
Die neuesten Vorschläge der SPD (4 Mrd. für den Wohnungsbau, 5 Mrd. für Langzeitarbeitslose, usw.) werden diesen Prozess nicht stoppen, da sie die Umverteilung zugunsten der Unterschicht vorschlagen. Macron hingegen will die Mittelschicht noch mehr besteuern und ignoriert ihren intelligenten gesunden Kern – die Lehrer. Wahnsinn! Die beiden erwähnten Staaten Deutschland und Frankreich schwimmen währenddessen laut Mainstreammedien im Geld. In den USA erreichten die Einkommen der reichsten Top-Oberschicht (1%) der Gesellschaft das Niveau von 1929, der Zeit vor der großen Krise.
Die Liberalen und die Linken wollten angeblich gleiche Chancen für alle schaffen. Doch die ununterbrochene Flut der Immigranten, für die sie verantwortlich waren und die die Europäer bereichern sollte, führte dazu, dass Gehälter der meisten Bürger von Konzernen niedrig gehalten werden konnten – die einheimischen Europäer aus dem Mittelstand mit ihren „hohen“ sozialen Erwartungen hatten gegenüber den Neuankömmlingen, denen von den „Freiheitsdenkenden“ Regierungen der Willkommenskultur alles geschenkt wurde, keine gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Hinzu kommen:
(i) Die seit Jahren steigenden Immobilienpreise, denen eine noch höhere Verschuldung der wichtigsten Schicht unserer westeuropäischen Gesellschaften, der Mittelschicht, folgt.
(ii) Der Zerfall des Sozialstaates, dessen Konsequenz der Aufstieg der marxistischen Ideologien in ganz Europa ist.
(iii) Deflation, die der „selbst“ entscheidenden EZB als Vorwand dient, den Konzernen noch mehr Gewinne durch niedrige Zinssatzpolitik zu gewährleisten und die Kleininvestoren einzuseifen, die Immobilienblase solle in beliebtesten Großstädten Europas noch lange andauern (Wieso lassen Sie also Ihr Geld auf der Bank liegen? Wahnsinn!)
(iv) Das neoliberal-linke System der Billigzinsen führte zum Rentabilitätseinbruch der Staatsanleihen: allen vorsichtigen Investoren aus der Mittelschicht, die sich von den immer teureren Aktien vernünftig fernhielten und ihr Geld einfach auf dem Sparkonto oder mittels Staatsanleihen zu sparen versuchten, wurde ein Seitenhieb verpasst.
(v) Die angeblich kleine Verteuerung der Lebenskosten, die in den Mainstreammedien als ewig niedrige Inflation dargestellt wird gegen die die EZB zu kämpfen habe, entspricht nicht dem realen Anstieg der wirklichen Lebensunterhaltungskosten, denn „der Warenkorb eines Normalbürgers enthält viel mehr Dienstleistungen, Gesundheit, Nahrungsmittel und Energie, als es die offizielle Inflationsrate suggeriert“2)Die große Inflationslüge: Warum Ihr Geld viel weniger wert ist, als Sie denken, Focus 2014-06-14.
Hätten das alles die glücklichen Genießer des Wirtschaftswunders aus den 50er geahnt, vermutet, vorgesehen? Nein. Sie hätten es als Wahnsinn bezeichnet, denn damals, wie auch nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg neigten sich die Politiker eher dem Staatsinterventionismus zu, um dann in einem etwa 30 Jahre-Takt wieder den weichen Liberalen die Weichen stellen zu lassen.
Nach 30 Jahren kommen wieder die Befürworter der Schutzpolitik zu Wort, die Trumps, Orbans, Kaczynskis und der Salvini persönlich, der seit langem in den kommenden EU-Parlamentswahlen eine Drehscheibe für eine antiliberale, Europatreue Bewegung bilden will.3)Salvini bringt erneut Rechtspopulisten-Bündnis für EU-Wahl ins Spiel, Die Presse 2018-09-08.Es bleibt die Frage offen, ob sie wirklich eine alternative zum bestehenden System der Zerstörung der Mittelschicht anbieten können. Ob es hinter dem sogenannten Populismus wirklich Menschen gibt, die dem Credo der Chicagoer Schule: Je weniger Staat, desto besser der Markt, sinnvoll und nachhaltig Halt geben können?
Sicher ist: die Wahlen zum EU-Parlament können den Status quo ändern. Die tektonischen Platten der Politik verschieben sich immer gewaltsamer, obwohl wir die Auswirkungen davon noch nicht ganz spüren, wie es im Falle Brexit war. Vielleicht Richtung Antiglobalisierung und autoritäre Regierungen? Wahnsinn. Die Bürger haben halt von der Inkompetenz der linksliberalen Eliten die Schnauze voll.
References
1. | ↑ | Die Mitte bröckelt, Zeit online 2017-08-04. |
2. | ↑ | Die große Inflationslüge: Warum Ihr Geld viel weniger wert ist, als Sie denken, Focus 2014-06-14. |
3. | ↑ | Salvini bringt erneut Rechtspopulisten-Bündnis für EU-Wahl ins Spiel, Die Presse 2018-09-08. |
Ein Kommentar auf “Jahrzehnte des Laisse-faire-ismus in Europa oder die Zerstörung der Mittelschicht”
ich stimme nicht zu das die Neoliberale Ideologie etwas von der linken Seite ist… allerdings hat diese Ideologie, die heute als eine angeblich Kompromissbereite Mitte an die Menschen verkauft wird, alle massgeblichen politischen Parteien von Links bis Rechts erfasst… heute muss unterschieden werden zwischen Kommunardisten und Kosmopoliten anstatt zwischen dem klassisxhen Links-Rechts den die Menschen auf der ganzen Palette politischer Ideen wird von der asozialen Globalisierung immer negativer erfasst und mitgerissen… baut man nun die Globalisierung sozial um oder schützt man sich vor dem Abstieg durch regulierte Grenzen für Ware, Handel, Ressourcen… Menschen und geht den Grpnden für die enorme Mgration von Süd nach Nord an?