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Die EU-Politik wie immer in die falsche Richtung

Der größte landwirtschaftliche Betrieb in Europa – Agricost Holding – befindet sich in Rumänien. Die 56 132 Hektar Ackerland gehören Al Dahra, einem Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auf diese Weise fließen die größten EU-Subventionen für die Landwirtschaft in die arabische Kasse. Das zeigt, wie sehr die Regelungen der EU blind und asozial sind. Obwohl Rumänien zu den größten Agrarstaaten Europas gehört und einen der fruchtbarsten Boden besitzt, schaffen die wohlschmeckenden, sonnengereiften Tomaten aus der Walachei oder die würzigen Bio-Käsesorten aus Siebenbürgern kaum in den Export in den Westen. Der Grund ist nicht das schwache Marketing der rumänischen Lebensmittelproduzenten, sondern die Stärke der Bauern-Lobbisten aus Italien und Spanien in der EU; die werden es ja nicht zulassen, dass die Preise von ihren Spezialitäten durch die viel billigere Konkurrenz aus Osteuropa nach unten gehen. Ein natürliches Verhalten, doch auf den Fahnen der EU steht Gleichberechtigung, freier Handel und das Recht auf freie Konkurrenz. Währenddessen fördert Brüssel in der Tat Großbetriebe aus dem Westen und füttert die Kassen der Araber.

Der Makrokosmos der EU wird auf den Mikrokosmos in den osteuropäischen Ländern übertragen. „Rund vier Millionen Bauernhöfe zählt Rumänien, kein anderes EU-Land hat eine solch zersplitterte Landwirtschaft. Der kleinste Teil – rund 12.000 Firmen – sind frühere Mammutbetriebe, die noch heute staatliche Flächen von bis zu 500 Hektar bewirtschaften und ihre Abnehmer im In- und Ausland haben, vor allem für nicht veredelte Primärprodukte wie Getreide, Ölsaaten und Lebendvieh. Wenngleich diese Firmen wirtschaftlich gut aufgestellt sind, bekommen sie die meisten EU-Direktzahlungen, weil sie die größte Lobby in der einheimischen Politik haben. Der große Rest der Höfe aber kämpft in Rumänien ums Überleben.

Die EU ist an dieser Zersplitterung der Landwirtschaft in Osteuropa interessiert, sie will die kleinen Bauernhöfe da einfach kaputt machen. Im westlichen Balkan etwa gibt es gute Bedingungen für den ach so modischen Öko-Anbau in den kleinen Familienunternehmen. Doch kosovarische, serbische, mazedonische Kleinproduzenten würden eine starke Konkurrenz für die etablierten, westlichen Produzenten darstellen, insofern sich ihre Regierungen der EU-Normen anpassen und Gelder aus Brüssel annehmen würden.

Die Zahl der Familienbauernhöfe sinkt dramatisch weiter, nicht nur in Rumänien, wo die meisten Jugendlichen in den Westen gehen und nicht mehr auf dem Feld ackern wollen, sondern auch in Westeuropa. Nicht nur aus Bequemlichkeit und wegen des einfacheren Lebens in den fremden, westlichen Großstädten. Die Agrarwirtschaft wurde in der EU zu einem hochriskanten Geschäft, in dem Kredite kaum zu bedienen sind und wo die Rentabilität eben von den obengenannten Subventionen abhängt, oder anders gesagt: Die Beamten entscheiden von meinem Business.

Das Paradox hat auch andere Facetten: Während die EU die Erhaltung der alten Gemüse- und Obstsorten fördert, bekommen riesige Konzerne aus den anderen Teilen der Welt riesige Summen für den Anbau der modernen Sorten, die nach nichts schmecken und für einen Chemiker im Labor ein interessantes Subjekt der Untersuchung sein können. Kaufen Sie aber lieber bio! Diese Mammutbetriebe kaufen außerdem Futter und Düngerstoffe aus den entlegensten Regionen der Welt, um ihre Produktion zu „optimieren“. Wäre es nicht logisch, dass die EU ihre Subventionen nicht nach der Größe der Landwirtschaftsbetriebe, sondern nach ihrem CO2-Fussabdruck richtet? Man muss sich an der eigenen Logik halten oder?

Die EU-Bürokraten sind wie Drift-Fahrer, die die ganze Zeit auf Gaspedal drücken und gleichzeitig Bremse betätigen. Während die unzähligen EU-Projekte zur Erhaltung der selten gewordenen Gemüse-, Getreide-, und Obstsorten laufen und stets von der Förderung der gesunden Bio-Lebensmittel geredet wird, wird ein Abkommen mit Brasilien (Mercosur) unterzeichnet, kraft dem Fleisch aus dem mit GMO-gefütterten Vieh nach Europa gebracht werden solle. In der Europa zweier Geschwindigkeiten ändern sogar die Grünen in Deutschland ihre Meinung, wenn etwas den Lobbyisten gefällt und sind wohl nicht mehr so sehr entschieden gegen das Abkommen wie früher.

Fragen Sie sich nun: Warum klingt es: „Ich bin Bauer“, nicht stolz? 

Gemeinde El Ejido in der spanischen Almeria. Riesige Gewächshäuser und Landwirtschaftsbetriebe, die nur dank den EU-Subventionen und marokkanischen Billigarbeitskräften funktionieren. So soll die nachhaltige Zukunft Europas aussehen? Quelle: Wikipedia, El Ejido.

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