Bekannt ist die These, dass es in dem Konflikt zwischen den Israelis und Palästinenser eigentlich nicht um Politisches geht, sondern um den Zugang zum Wasser. Die israelische Militärverwaltung verhindert seit 1967 nach wie vor systematisch die palästinensische Grundwassererschließung in der West Bank. In Gaza hingegen darf jeder den Brunnen bohren und obwohl die Politik Tel-Avivs da nicht so wie in der Westbank restriktiv ist, gibt es da ein riesiges Problem mit der Wasserqualität. Die Demographie spielt dabei eine große Rolle, da das wasserarme Gaza dicht bevölkert, die wasserreiche Westbank bevölkerungsarm ist. Dieses Problem wird nicht gelöst, da die Israelis die Erweiterung ihres Staates Richtung Osten anstreben.
Im Sechs-Tage-Krieg von 1967 besetzte Israel die syrischen Golan-Höhen und das Westjordanland, um die Wasserversorgung des noch jungen Staates zu sichern. Seitdem werden etwa 90 Prozent des Jordanwassers nach Israel geleitet, und der 250 Kilometer lange Jordan muss außerdem Syrien und Jordanien mit Wasser versorgen. Dass der Jordan so ein kleiner Fluss ist, wird in der Zukunft zu noch mehr Konflikten in der Region führen.
Ähnlich funktioniert Ägypten, das sich schon 1929 mit einem mit Briten unterschriebenen Vertrag es sicherte, dass alle Anrainerstaaten des Nils erst Ägypten um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie das Nilwasser nutzen wollen. Das gesamte Leben Ägyptens spielt sich an den Ufern des Nils ab, aus dem das Land 97% seines Wassers entnimmt. Als Äthiopien 1980 Staudämme auf seinem Territorium zu bauen versuchte, kam es fast zu einem Krieg.
Die Türkei kontrolliert den Oberlauf der Flüsse Euphrat und Tigris und bestimmt, wie viel Wasser Syrien und der Irak abbekommen. Erdoğan, der neue Sultan am Bosporus, der sein Sultanat offensichtlich erweitern will, muss nicht unbedingt militärisch in Syrien oder im Irak eingreifen – es genügt, dass er nur mal den Wasserhahn zudrehen wird. So wie er geschickt mit Migrantenfluss Europa unter Druck setzte, könnte er in der Zukunft die an den beiden Flüssen gelegenen Länder mit dem Zugang zum Wasser erpressen.
Dass Kriege um Wasser nicht nur latent sind oder zur Geschichte gehören, wie der Konflikt um den Indus zwischen Indien und Pakistan von 1948, zeugen die Ereignisse vom Frühling dieses Jahres, als es zur blutigen Auseinandersetzung zwischen Tadschikistan und Kirgistan kam. Schwere Gefechte zwischen den zentralistischen Ländern, bei denen es 40 Tote und mehrere hundert Verletzte gab, wurden durch die Streitigkeiten um die Wasserverteilungsstelle am Fluss Isfara ausgelöst. Wasser war da nur ein Funke im Pulverfass der verfeindeten Ethnien des Zentralasiens. Während die westlichen Medien den Ereignissen im Mai dieses Jahres kaum Beachtung schenkten, beobachteten ihn sicherlich die Entscheidungsträger in Peking mit großer Aufmerksamkeit – alles, was auf der Neuen Seidenstraße passiert, kann Chinas Pläne durchkreuzen.
Mit dem Wasser ist es wie mit dem Erdöl: Wer an seiner Quelle sitzt, hat ein Recht darauf, das ihm niemand streitig machen kann.
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Der Jordan, Luftaufnahme, Wikipedia