Die beiden Weltkriege waren Höhepunkte der Wettstreite, die vor tausend Jahren angefangen hatten, als Karl der Große sich die sächsischen Stämme unterwarf, die auf den Gebieten lebten, die heutzutage Deutschland angehören und gründete Karolingerreich, das später in Frankreich und Sachsen zerfiel. Politische Nachkommen Sachsens waren Heiliges Römisches Reich, Preußen und zuletzt Deutsches Kaiserreich. Sie führten alle Kriege gegen Frankreich, von denen der Zweite Weltkrieg die meisten Opfer auf beiden Seiten brachte und beide Seiten der Auseinandersetzung dazu brachte, die Gewalt zugunsten der friedlichen Lösungen aufzugeben.
Der Erste Weltkrieg wurde von einem regionalen, anscheinend belanglosen Ereignis hervorgerufen – vom Attentat auf den Erzherzog Franz Ferdinand, das von einem serbischen Patrioten verübt wurde und eine Allianz, hauptsächlich unter Anführung der deutschsprachigen Länder (Österreich und Preußen), hervorbrachte, die sich gegen Großbritannien, Frankreich und Russland richtete. Ebenso wie die zwei Weltkriege in Europa kann ein kleiner Zwischenfall, der aus des sich zuspitzenden Kampfes um die Dominanz im Nahen Osten resultiert, zum Unruheherd werden, der letzten Endes mit einem Konflikt der Weltmächte enden kann.
Katar und Saudi Arabien arbeiteten in den letzten Jahren zusammen, vereint durch das Ziel, den Präsidenten Assad in Syrien zu stürzen und ihn durch einen sunnitischen Führer zu ersetzen, der den Bau der Pipeline aus Katar nach Europa bewilligen würde.
Die Niederlage der Allianz der Amerikaner, Saudis und Katarer riss alte Wunden wieder auf. In den letzten Wochen brachen die mit Saudi Arabien verbündeten Länder – Jordanien, Ägypten und Bahrain – alle Beziehungen mit Katar ab und beschuldigten es, die Terroristen zu unterstützen und eng mit dem Iran zusammenzuarbeiten. Nachdem die Allianz vom Präsidenten Trump grünes Licht bekommen hatte, stellten Saudis Katar 13 Forderungen, die Katar nicht einmal erfüllen will.1)Qatar Ready for Consequences in Bloc Showdown, Minister Says, Bloomberg 2017-07-01.
Inzwischen entstehen so wie in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg neue Allianzen: Katar, das die Rückendeckung der arabischen Welt verlor, begann nach anderen Verbündeten zu suchen und fand einen in der Türkei.2)Analysis: Why is Turkey deploying troops to Qatar? Al Jazeera 2017-06-11.Der iranische Block – der Iran, der Irak und Syrien – bleibt neutral und schaut zu. Iraner, Türken und Araber sind drei Nationen, die in den letzten 14 Jahrzehnten um ihre Einflüsse im Nahen Osten die Klingen kreuzten und jetzt mal ein neues Kapitel im ewigen Zwist zu schreiben beginnen.
Historischer Hintergrund
Der saudisch-iranische Konflikt setzte zusammen mit der Entstehung des Islams ein. Vor dem Jahr 632 führte Persien (so bezeichnete man den Westiran), wo Zoroastrismus eine Religion war, dreißig Jahre lang einen Krieg gegen das Byzantinische Reich. Als später die Muslime unter der Anführung von Mohammed und später von Kalifen Persien angriffen, war es nicht im Stande, zusätzlich vom Bürgerkrieg um den Thron der Sassaniden geschwächt, sich den Feinden entgegenzusetzen.
Die Iraner übernahmen den Islam, jedoch bald erwies sich, dass ihre Kultur viel entwickelter als die der Besetzer war. Bis 850 schufen es die iranischen Dynastien, sich vom Bagdader Kalifat zu befreien und begannen sogar, die iranische Sprache, Volkstracht wieder zu gebrauchen und die eigenen politischen Institutionen wiederherzustellen. Die nationale Wiederauferstehung wird von Historikern als die iranische Renaissance bezeichnet, die ihren Höhepunkt mit der Verbannung des Kalifen aus der Hauptstadt erreichte.
Die Herrschaft der Araber im Iran dauerte nur zwei Jahrhunderte, dann erschien auf der politischen Szene eine neue Figur. Im XI. Jh. drangen aus den Steppen Mittelasiens, die auf der Weltkarte als Turkestan bezeichnet werden, nach Persien türkische Nomadenstämme unter der Anführung von Seldschuken und eroberten es schnell. So entstand das große Seldschukenreich, das sich in kurzer Zeit die sunnitische Variante des Islams zu eigen machte und die Arabische Halbinsel, Mesopotamien, Syrien, sowie die von dem Byzantinischen Reich eroberten Armenien und Anatolien umfasste. Sogar das arabische Kalifat der Abbasiden wurde den Türken untergeordnet.
Nachdem die Seldschuken von Mongolen niedergeschlagen geworden waren und die Macht in der Türkei zugunsten der Ottomanen verloren hatten, blieb die arabische Welt bis zum Ersten Weltkrieg unter der Vorherrschaft der Türkei, ausgenommen die kurzen Perioden der Herrschaft der kurdischen Dynastie der Ayyubiden und der Mamelucken. Die Überlegenheit der Ottomanen kam auch dadurch zum Ausdruck, dass die Herrscher der Dynastie es leisteten, das Amt des Kalifats völlig aufzuheben.
Sogar nach dem Zerfall des Ottomanischen Reiches konnte die arabische Welt sich nicht wieder vereinigen. Die Ursache dafür war die Einteilung in die Schiiten und Sunniten und die Rivalität unter den lokalen Herrscherfamilien.
Die Perser dagegen, die das Joch der arabischen Herrscher noch abschütteln konnten, befreiten sich auch von der Herrschaft der türkischen Seldschuken und mussten ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen – so entstand das Reich des Schahs Choresm. So wie vorher, überstand es nicht lange, da es zum Opfer des nächsten Angriffs eines Steppenvolkes wurde – der Mongolen. Auch diesmal gelang es den Iranern die Angreifer loszuwerden und sich wieder unter der Anführung von Safawiden zusammenzutun, die, um ihre Unabhängigkeit zu betonen, zur Schia konvertierten und bis heute der neuen Religion treu bleiben, was die Iraner von der sunnitischen Araber und Türken abgrenzt. Safawiden und die ihnen folgenden Herrscherhäuser waren bis zur ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts die Hauptgegner des Osmanischen Reiches im Nahen Osten.
Zurück in die Gegenwart
Die Iraner machten seit damals einen Weg von der Monarchie bis zur theokratischen Republik, die Türken dagegen von der Monarchie zu einer laizistischen Republik, während die Araber nach wie vor keinen Anführer hervorbringen können, der sie vereinigen würde: die arabische Nationalbewegung, die Baath-Partei von Saddam Husein, die einen Krieg gegen den Iran führte, was an die arabische Invasion auf Persien erinnern lässt, erlitt am Ende eine Niederlage. Durch die Einnahmen vom Erdöl bereicherten sich die Saudis schnell und versuchen zurzeit ehrgeizig und aggressiv ihre Dominanz ihren Nachbarn zu oktroyieren. Schlachtreihen stehen bereit: auf der einen Seite – die Türkei und Katar, auf der anderen Seite – Saudi Arabien, Ägypten, Jordanien und Bahrain, und auf der Gegenseite zu allen – der schiitische Block – der Irak, der Iran und Syrien. Wahrhaftig ein Pulverfass, das Zerwürfnis zwischen Saudi Arabien und Katar zu einem explosionsartigen Konflikt verwandeln kann.
Seit Jahrtausenden mündeten die ethnischen und religiösen Rivalitäten in Konflikte. Der aktuelle, wenn man die Möglichkeiten der modernen Streitkräfte in Betracht zieht, wird am blutigsten von allen bisherigen sein.
References
1. | ↑ | Qatar Ready for Consequences in Bloc Showdown, Minister Says, Bloomberg 2017-07-01. |
2. | ↑ | Analysis: Why is Turkey deploying troops to Qatar? Al Jazeera 2017-06-11. |