Der europäische Blickwinkel. Auf dem Weg in die Welt von Morgen.




Der Weg des Todes – im Internet leicht zu finden

Jonathan Samuels, Korrespondent von Sky News, fand zusammen mit seinem Arbeitsteam an der Küste der griechischen Insel Lesbos ein auf Arabisch verfasstes Büchlein, das jemand weggeworfen hatte. Da standen genaue Informationen über die Reiserouten, wichtige Telefonnummer der Nichtregierungsorganisationen, die den Migranten helfen und die Informationen über deren Rechte in ihren Zielländern.1)Sky Finds ‘Handbook’ For EU-Bound Migrants, Sky News 2015-09-13. WatchTheMed (watchthemed.net und alarmphone.org) und w2eu (w2eu.info und w2eu.net) befinden sich unter den Organisationen, die im genannten Arbeitsbuch aufgelistet sind.

Die Webseite w2eu.info mit ihrem Bookmark unter dem Titel „unabhängige Informationen für Flüchtlinge und Migranten, die nach Europa kommen“ behauptet von sich selbst, dass sie vorhat, den Migranten bei ihren Bemühungen und Versuchen beizustehen, denn „Jedem steht Bewegungsfreiheit zu“. Ihre Mitarbeiter, die sich in verschiedenen Ländern der EU befinden, behaupten ehrenamtlich zu arbeiten. Die erwähnte Webseite erteilt auch Informationen zu solchen Themen wie: Kontakte, Allgemeines, Sicherheit auf der See, (Abkommen) Dublin III, Asyl, Geschlecht, Minderjährige, Regulierungen, Verhaftungen, Ausweisung, Lebensunterhalt, Familie, Arbeit und Gesundheit, in Bezug auf jedes EU-Land. Und so unter „Sicherheit auf der See“ kann der Flüchtling erfahren, dass er die Organisation WatchTheMed anrufen kann, die über den Seenotfall die Küstenwacht verständigen wird und dabei entsprechend Druck ausübt, die gefährdeten oder gekenterten Boote zu retten; sie wird ebenfalls die Medien über das Ereignis benachrichtigen und auf zentrale und lokale Behörden (moralischen) Druck ausüben, um sie zum Handeln zu bewegen. Unter „Geschlecht“ informiert man die Migranten über ihre Rechte z.B. in Dänemark, woher, wenn sie aussagen, dass sie wegen ihres Geschlechtes oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt, erniedrigt oder irgendwie unmenschlich behandelt wurden, sie nicht deportiert werden dürfen. Das Bookmark „Ausweisung“ belehrt einen Migranten darüber, wie er sich verhalten soll, um eine Deportierung zu vermeiden oder darüber, wie man vorgehen soll, damit ein Ausweisungsbefehl rückgängig gemacht wird. Das Bookmark „Familie“ erklärt, dass ein Anspruch auf Familienzusammenführung besteht, also ein Mittel, sonstige Familienangehörigen nach Europa zu holen. Und so weiter und so fort.

Auf derselben Website gibt es Flugblätter, Anleitungen und „Visitenkarten“, die man sich in verschiedenen Sprachen ausdrucken kann, wie Englisch, Französisch, Arabisch, Farsi (oder Persisch, das im Iran und in Afghanistan gesprochen wird), Paschtunisch (eine der beiden Amtssprachen in Afghanistan), Tigrinisch (gesprochen in Eritrea und Äthiopien) und Somalisch. Auf einer Seite der Visitenkarte stehen die Notrufnummern von WatchTheMed und auf der anderen kurze Ratschläge, bezüglich zweier Fälle: Seenot und Risiko, dass das Boot abgestoßen wird.2)w2eu.info – welcome to europe.

Die Broschüre mit dem Titel „Risiko, Rechte und Sicherheit auf der See“ (vorhanden sind Varianten für den westlichen und zentralen Teil des Mittelmeeres und für das Ägäische Meer) gibt genaue Anweisungen, wie man sich auf eine Bootsfahrt über das Meer vorbereiten soll. Der Migrant erfährt da, dass er sich vergewissern soll, ob sein Boot seefest ist; dass er genug Verpflegung und Wechselkleidung vorbereitet hat; dass sein GPS und Handy vollgeladen sind und seine Gespräche auf hoher See bezahlt werden können; er soll auch seine Verwandten und Freunde sowohl im Zielland, als auch in seinem Heimatland über Ort und Uhrzeit seiner Abreise und Ankunft benachrichtigen, damit sie wissen, wann sie Alarm schlagen sollen, falls er zu spät kommt; er soll auch so ausgestattet sein, dass er den vorbeifahrenden Schiffen signalisieren kann, dass er in Seenot ist, denn, wie in der Anleitung steht, ist jeder Kapitän dazu verpflichtet, Schiffbrüchige zu retten, ohne Rücksicht auf deren Nationalität oder Rechtsstatus; des Weiteren erfährt der Migrant davon, wie man sich bei während einer Rettungsaktion benehmen soll; und zuletzt wenn er schließlich seinen Fuß auf europäischen Boden setzt, wie er sein Anspruch auf Asyl mit Berufung auf die Genfer Konvention von 1951 verlangen soll. Den Migranten wird ohne Umschweife gesagt, was sie sagen sollen, damit man ihnen Asyl gewährt, das, wie es dort erklärt wird, diejenigen bekommen, die sich über Verfolgungen in ihrer Heimat wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Mitgliedschaft in einer sozialen oder politischen Gruppe beklagen. Der Migrant wird ebenfalls dazu ermutigt, jegliche Verletzung seiner Rechte zu melden.

In der Broschüre unter dem Titel „Willkommen in Griechenland“ vom Oktober 2015 wird erläutert, dass, gemäß dem Dubliner Abkommen der Migrant sich in dem ersten Land, in das er zuerst eingereist ist, sich um Asyl bewerben sollte – die EU Länder halten sich jedoch nicht daran; ein klarer Tipp, die Reise ins Innere Europas fortzusetzen. In der Broschüre wird auch davor gewarnt, dass den Wirtschaftsflüchtlingen kein Asyl gewährt wird; wiederum ein deutlicher Hinweis darauf, was man sagen soll, um den erwünschten Status zu erwerben. Die Broschüre beinhaltet ebenfalls den Fahrplan der Fähren und Schiffen und ihre Preislisten. Es gibt da auch den Stadtplan von Athen, Adressen von Hilfsorganisationen, die den Flüchtlingen helfen und einige nützliche Wendungen auf Griechisch.

WatchTheMed (MTM) ist eine Schwesterorganisation oder, wie sie selber sagt, eine Online-Mapping-Plattform, die Todesfälle auf dem Meer und Fälle der Menschenrechtsverletzung an den Küsten der EU Länder verfolgt.

References   [ + ]

1. Sky Finds ‘Handbook’ For EU-Bound Migrants, Sky News 2015-09-13.
2. w2eu.info – welcome to europe.

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