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Vergiss China: Die Ölpreise sind ein Hauptfaktor der Verwirrung auf dem Markt

Berichterstatter verbinden die aktuelle Verwirrung auf dem Markt mit Problemen in China. Unser Team erkennt den Hauptfaktor der Marktänderungen eher im Erdölpreis. Niedriger Preis dieses Rohstoffs ist positiv für den Verbraucher und lässt die Produktionskosten in vielen Industriezweigen senken, aber er verursacht auch die Senkung von Investitionen im Energiesektor, hauptsächlich dieser Investitionen, die mit erneubarer Energie verbunden sind. Die Ölhersteller werden sehen, wie sich ihre Gewinne in Verluste umwandeln. Niedriger Ölpreis hat einen vernichtenden Einfluß auf den Finanzsektor, der der Ölindustire Kredite gewährt und den Handel mit den auf Öl gestützten Derivaten antreibt. Es wäre nicht möglich, daß diese gewaltigen Bewegungen keine Folgen hätten.

Viele Ölhersteller erhalten fixe Preise für ihre Ware, weil sie die Produktion mit Preissicherungen in Form von Derivaten decken. Bei dem aktuellen Erdölpreis, können wir einschätzen, daß die Versicherer ungefähr 35 USD für ein Barrel zahlen, um die Verluste der Hersteller auszugleichen. Allein für die amerikanische Schieferölproduktion bedeutet es annähernd 120 Mio. USD täglich. Der Finanzsektor muß diese Verluste irgendwie ausgleichen.

Die amerikanische Regierungsagentur Energy Information Administration (EIA) hat im Jahr 2014 die Angaben veröffentlicht, die darauf hinweisen, daß die meisten Schieferölhersteller 75% ihrer Produktionskosten ausschliesslich mit Anfangsinvestitionen gedeckt haben, wobei der Ölpreis sich damals auf ca. 95 USD für ein Barrel belief. Schon in 2014 konnte man, also, an der Einträglichkeit amerikanischer Hersteller zweifeln. Derzeit beruhigen sie Investoren damit, daß sie ihre Produktionskosten gesenkt haben und leistungsfähiger sind. Es fällt  trotzdem schwer daran zu glauben, daß sie imstande wären um 50% kostengünstiger zu produzieren. Da die Investoren solche Informationen, sozusagen, „nicht kaufen” und anfangen den Markt zu verlassen, sind die Verschuldungskosten der Schieferölhersteller heftig gestiegen, was den Druck auf die ganze Branche gestärkt hat. Die Angst der Investoren hat schon mal mit Sprüngen der Verzinsung amerikanischer Obligationen des hohen Risikos (junk bonds) resultiert. Die Energiebranche ist für ungefähr 15% der gesamten Emmision von Müllobligationen verantwortlich. Die KKR(eine globale Investitionsfima – Erläuterung: Redaktion) hat wegen zwei Plaiten der mit dem Energiesektor verbundenen Unternehmen fünf Miliarden USD getilgt. Die Restrukturierung der Produktionsgesellschften wird unvermeidbar sein.

Staatliche Investitionsfonds Russlands, Saudi-Arabiens und Norwegens haben ihre Gewinne genutzt, um in amerikanische und europeische Wertpapiere, d.h. Aktien und Obligationen zu investieren. Die Verwaltungen dieser Fonds sehen, wie Ihre Einkünfte gestoppt wurden und die Gewinne begannen in die Verluste umzuwandeln. Der staatliche Fonds von Norwegen, einer der größten in der Welt, hat im ersten Quartal einen Verlust verbucht. Russland und Saudi-Arabien benötigen, hingegen, einen Preis von 100 USD pro Barrel, um ihre Budgets zu bilanzieren.
Der Erdölpreis ist jetzt so niedrig, daß diese Fonds aus den Investitionen zurückziehen müssen. Saudi-Arabien hat den Ausverkauf der Aktiva des staatlichen Fonds, hauptsächlich amerikanischer Schatzanweisungen, aufgeschoben, weil es sich entschieden hat das Haushaltsdefizit durch die Emission eigener Obligationen zu decken. Dies ist das nächste Zeichen dessen, daß der Markt unter dem Druck steht.

Der Druck zum Ausverkaufen wird nicht nur dadurch gestärkt, daß sich die Finanzanstalten ihrer Aktiva entledigen wollen um die Verluste aus dem Erdölmarkt zu decken, sondern auch durch den Rückgang der Aktienpreise von Ölkonzernen. Dieser Rückgang wird sich auf den Wert der Börsenindexe negativ auswirken. Die Ölindustrie und die mit ihr verbundenen Branchen sind ein Bestandteil fast aller bedeutenden Indexe. So wird die Verlangsamung des Ölmarktes letztendlich auch diese Indexe beeinflussen. Der Rückgang der Hautpindexe wird sich wiederum auf die EFT-Fonds u.dgl. negativ auswirken. Die meisten Produkte, die den Indexen sozusagen „auf der Fährte” sind, bestehen aus einem Wertpapierbestand. Wenn die Investoren beginnen diese Produkte zu kaufen, müssen die Manager wieder weitere der Index-Zusammensetzung entsprechende Aktien zum Wertpapierbestand zugeben. Fängt der Index an zu sinken, beginnen auch die ETF-s und die derartigen Produkte an ihrem Wert zu verlieren. Die Investoren verkaufen sie, was die für die Gestaltung der Wertpapierbestände zuständigen Manager zum Aktienverkauf zwingt. Generell erhöht es nur den Druck an den Börsen.

Euro Dollar
Stock 2014 2014 % 2014 2015 %
Shell 31 23 -26 41 26 -37
Exxon 76 67 -11 99 75 -24
Eni 19 14 -26 25 16 -37
Total 51 41 -20 67 46 -31
Chevron 98 71 -27 129 80 -38
Conocophilips 62 42 -32 81 47 -42
Occidental Petrolium 79 64 -19 104 72 -31
Rosneft 5 3 -27 6 4 -38

Tabela 1. Die Aktien von Ölkonzernen im August 2014 im Vergleich zu den Werten im August 2015. Die Preise sind in Euro und USDollar angegeben.

Im Jahr 2013 infomierten wir unsere Kunden darüber, daß sich auf dem Ölmarkt eine riesige Blase gebildet hatte. Aus unseren aktuellen Analysen lässt sich schliessen, daß die Ölpreise nach dem Ausscheiden der Hersteller aus dem Markt wieder steigen würden. Wir erwarten dennoch, daß zu hohe Produktionsreserven im Verlauf der Wiedergewinnung des Gleichgewichts eliminiert werden, was zur Entstehung einer nächsten Blase führen kann. Derzeit ist es zu erwarten, daß die Erdölhersteller beginnen ihre Verluste einzuschränken, indem sie noch größere Mengen dieses Rohstoffs fördern werden. Die Ölkrise hat erst begonnen. Die Labilität ist hoch, aber der Grund für die Investierung in Erdöl oder dessen Aktien ist, unseres Erachtens, wenig deutlich. Die wahre Schlacht hat noch nicht angefangen.


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